Dienstag, 8. Februar 2011

Körpersprache

Die Haut juckt, den Körper plagen Schmerzen, das Herz hat einen Infarkt. Nach Ansicht von vielen Menschen entstehen Beschwerden und Krankheiten ausschließlich auf Faktoren wie Lebensweise, Ernährung, Verschleiß und genetischen Defekten. Und entsprechend werden diese ausschließlich auf der körperlichen Ebene behandelt. Was aber wäre, wenn jedes kleinste Symptom eine Wortmeldung des Unbewussten wäre? Dann würden Sie bereits bei kleinsten Beschwerden wissen, was Ihr Unbewusstes Ihnen mitteilen möchte. Und Sie könnten sich so manche Krankheit ersparen.

Unser Sein besteht aus unserem Körper, unserem Geist und unserer Seele. Dies sind scheinbar drei voneinander getrennte Elemente unseres Seins. Jedoch nicht für unser Unbewusstes. Für den nicht-bewussten Bereich unserer Psyche, welcher konsequent und durchgehend ganzheitlich strukturiert ist, sind Körper, Geist und Seele nur unterschiedliche Ebenen, um sich uns mitzuteilen. Spricht das Unbewusste über den Körper, so spricht es nicht in Verhaltensmustern oder ausschließlich in Gefühlen, sondern es spricht über körperliche Symptome.

Die Körpersprache des Unbewussten ist sehr präzise. Juckt der Körper fürchterlich, so weist er auf ein verdrängtes Ereignis hin, bei dem wir uns in unserer Haut nicht mehr wohlfühlten. Es möchte dieses Ereignis der Vergangenheit jetzt ausheilen. Plagen uns Schmerzen, so berichtet er von Schmerzen an unseren Gefühlen, welche wir verdrängt, statt ausgeheilt hatten.

Das Unbewusste ist ein umfassender Datenspeicher alles Erlebten, Geprägtem und unserer Reaktionen darauf in Körper, Geist und Seele. In den Tiefen des Unbewussten wird all das bewahrt, was uns zum Zeitpunkt eines jeweiligen Erlebens nicht möglich oder erlaubt war zu verarbeiten. Aber sobald wir die nötige Reife und Fähigkeit zur Verarbeitung besitzen, steigen diese Verdrängungen auf, um von uns bearbeitet zu werden. Aus der Sicht des Unbewussten stellt eine solche Verarbeitung kein Problem dar, denn es achtet sehr genau darauf, dass wir auch tatsächlich die Voraussetzungen zu einer problemlosen Verarbeitung besitzen. Leider weiß es nicht, dass viele Leute zwar sehr viel können, aber keine Bewusstheit über ihr Können und ihre Reife haben. Und daß sie sich deshalb aus subjektiver Sicht völlig mit der Bearbeitung eines alten, verdrängten Problems überfordert fühlen.

Haben Sie sich jemals klar gemacht, welche Fähigkeiten und Kompetenzen sie bereits im Leben erworben haben? Wieviel Sie in Wahrheit können, ohne es als Fähigkeit anzusehen, geschweige denn sich dafür anzuerkennen? Und besitzen Sie ein Bewusstsein Ihrer Reife und Weisheit? Die meisten Menschen haben sehr viele Fähigkeiten, die sie tagtäglich anwenden. Aber sie benutzen sie einfach. So, als seien Sie eine Selbstverständlichkeit, statt eine Kompetenz. Menschen, welche z.B. durch Unfälle alle scheinbar selbstverständlichen Fähigkeiten vorübergehend verloren hatten und sie wiedererlernen mussten, wissen, was gemeint ist. Denn wenn selbst das Gehen, das Sprechen, das mit Messer und Gabel essen wieder neu erlernt werden muss, wird klar, daß vieles eine durch wiederholte Übung erworbene Fähigkeit, statt eine Selbstverständlichkeit ist.

Aus der Sicht des Unbewussten ist garnichts selbstverständlich. Es wertet jede Kompetenz als tatsächlich vorhandene Kompetenz, die nicht nur auf einem Sektor angewendet werden kann, sondern grundsätzlich eine persönliche Fähigkeit darstellt. Können wir also Gurken schneiden, so geht unser Unbewusstes davon aus, daß wir dies auch mit Äpfeln, Birnen, Blumenkohl etc. können. Können wir mit Schmerzen bei anderen umgehen, so geht es ebenso davon aus, daß wir jetzt die Reife gewonnen haben, grundsätzlich mit Schmerzen umzugehen – auch bei uns selbst.

Aber während Schmerzen und Schmerzen für das Unbewusste gleich sind, unterscheiden Menschen in anerkannte und nicht anerkannte Schmerzen. Zu den anerkannten Schmerzen gehören körperliche Schmerzen mit nachweisbaren Ursachen. Ist z.B. ein Gelenk als entzündet diagnostiziert, so sind die damit verbundenen Schmerzen allgemein vorstellbar. Was aber ist mit den Schmerzen an den Gefühlen? Wie lange hat ein Mensch seelische Schmerzen, wenn er seine Eltern verloren hat? Wie lange darf ein Mensch Liebeskummer zeigen, ohne daß er seinen Mitmenschen damit auf die Nerven geht? Wie lange und wie oft darf ein Mensch erzählen, daß ein Mobbing seine Würde und seine Ehre so grundlegend verletzt hat, daß es ihn ein halbes Jahrzehnt oder länger innerlich beschäftigt, ohne daß andere abwinken und sagen, daß sie das nun schon viel zu oft gehört haben? Und wie oft darf frau anmerken, wie gekränkt sie sich fühlt, daß man ihr in ihrer Firma wenig zutraut, weil sie eine Frau ist, ohne argwöhnisch als Emanze oder Jammerlappen angesehen zu werden?

Belastende Gefühle stören das reibungslose Funktionieren und die Leistungsfähigkeit. Deshalb dürfen sie nur eine kleine Weile existieren. Wer wieder voll leistungsfähig sein möchte, tut aus leistungsorientierter Sicht besser daran, seine negativen Gefühle zu verdrängen. Nur leider heißt verdrängen nicht vergessen, geschweige denn bewältigen. Denn unser Unbewusstes nimmt alle Schmerzen ernst und besteht auch für Schmerzen an unseren Gefühlen auf Heilung. Doch es hat verstanden, daß wir selbst die Schmerzen auf dieser Ebene nicht ernst nehmen, weil wir sie verdrängt haben. Oder verdrängen müssen, weil die Bedingungen des Umfeld dies verlangen und wir uns nicht trauen, dem zuwider zu handeln. Verdrängen heißt für das Unbewusste, verdrängen wollen! Anders ausgedrückt: sich auf dieser Ebene nicht mit dem Problem befassen zu wollen.

Deshalb verschiebt das Unbewusste Schmerzen an Gefühlen auf die Ebene des Körpers. Denn es weiß, daß körperliche Schmerzen allgemein und auch von uns anerkannt sind. Tritt z.B. Herzschmerz auf der Ebene unseres organischen Herzens auf, so werden wir mit Garantie ernst genommen und müssen diese ernst nehmen, wenn wir nicht unser Leben riskieren wollen. Denn das Herz ist der Motor des Körpers, genauso, wie die Seele (Gefühle) der Motor unseres Seins ist: das Unbewusste bedient sich einer Metapher, um die notwendige Zeit für den ursprünglichen Herzschmerzes – den Schmerz, der an unseren Liebesgefühlen verursacht wurde – auszuheilen und es bedient sich eines Ausdrucks, welche die zentrale Bedeutung des Problems beschreibt. Doch solche Metaphern können wir nur verstehen, wenn auch unser Verstand wieder die Sprache des Unbewussten versteht und das Unbewusste genauso von uns anerkannt wird, wie unser Verstand. Erst dann ist die Trennung zwischen Körper, Geist und Seele aufgehoben.

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